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© Hannes Eisenberger

Marktanteile Exklusiv

Spar liegt zur Halbzeit deutlich voran

Ein Artikel von Wolfgang Zechner | 09.08.2023 - 13:50

Das Rennen um die Marktanteile im österreichischen Lebensmittelhandel findet heuer im Schatten beziehungsweise im Windschatten der Preisdiskussion statt. Zwar war die Spitzenposition von Marktführer Spar dank des relativ deutlichen Vorsprungs immer ungefährdet, aber eine andere interessante Frage stellte sich während der vergangenen sechs Monate: Welcher Marktteilnehmer kann in Zeiten der steigenden Preise am stärksten zulegen? Spar oder Rewe? Die Antwort ist paradoxerweise gleichzeitig überraschend und wenig überraschend. Denn der Halbzeitsieger heißt Spar. Das ist auf der einen Seite wenig überraschend, weil Spar in den vergangenen Jahren den heimischen Markt klar dominiert hat. Es ist aber auf der anderen Seite auch überraschend, weil beim Wachstum in den ersten fünf Monaten des Jahres Billa knapp die Nase vorne gehabt hatte. Doch dann kam der Juni. Und in diesem Monat gab es einen Erdrutsch für den Marktführer. Spar legte nämlich im Jahresvergleich um sensationelle 1,3 Prozentpunkte zu. Rewe büßte im selben Zeitraum 0,6 Prozentpunkte ein. Auch alle anderen Marktteilnehmer mussten im Juni Federn lassen. Aufs Halbjahr gerechnet ergibt sich nun folgendes Bild: Spar legte in den ersten sechs Monaten um 0,5 Prozentpunkte zu und hält aktuell einen Marktanteil von 36,4 Prozent. Verfolger Rewe wuchs von Anfang Jänner bis Ende Juni um 0,2 Prozentpunkte und kommt auf 33,8 Prozent. Die beiden größten Marktteilnehmer trennen nun 2,6 Prozentpunkte. Ob der Juni ein statistischer Ausreißer war, wird sich zeigen. Freilich kann auch Rewe mit dem Halbjahresergebnis sehr zufrieden sein. Ein Marktanteilsplus in diesem extrem herausfordernden Umfeld kann nur als Erfolg gelesen werden. 

Wunderwaffen und Aktionen

Die wahre Überraschung des Jahres ist aber die Performance der beiden Diskonter, deren Marktzahlen bekanntlich von NielsenIQ gemeinsam ausgewiesen werden. Gemeinhin würde man annehmen, dass in Zeiten von steigenden Preisen eigentlich die Stunde der Billiganbieter schlagen müsste. Doch genau das Gegenteil ist passiert. Die Diskonter haben verloren, während die Vollsortimenter dazugewonnen haben. Konkret büßten Hofer und Lidl bei den Marktanteilen in den ersten sechs Monaten 0,3 Prozentpunkte ein und halten nun bei 23,3 Prozent. Wobei der Verdacht naheliegt, dass der Rückgang den viel größeren Marktteilnehmer Hofer stärker betrifft als den „kleineren“ Diskonter Lidl. Die Frage, warum sich die Diskonter in einem für sie theoretisch nicht ungünstigen Marktumfeld schwertun, lässt sich wohl nur mit der Stärke der Vollsortimenter beantworten. Sowohl Spar als auch Billa haben in den vergangenen Jahren das Eigenmarkensortiment drastisch ausgebaut und sich so den Diskonter ins eigene Regal geholt. Ein hochrangiger Spar-Manager bezeichnete unlängst im Gespräch mit KEYaccount die hauseigene Preiseinstiegsmarke S-Budget sogar als „Wunderwaffe gegen den Diskont“. Und Rewe verfügt noch dazu mit Penny über eine hauseigene Diskontschiene. Hinzu kommt, dass beide Vollsortimenter seit Wochen ihre Aktions- und Preissenkungsprogramme forcieren. Erst vor wenigen Wochen meinte etwa Rewe-Vorstand Marcel Haraszti zu KEYaccount: „Wir haben seit Jahresbeginn die Preise von 400 Artikeln preisgesenkt. Wir verhandeln sehr hart mit den Lieferanten, damit die Preissenkungen genauso schnell weitergegeben werden wie die Preissteigerungen.“ Die Diskonter scheinen derweil noch kein Mittel gefunden zu haben, mit dem sie den Vollsortimentern Paroli bieten könnten. Und genau das bilden eben auch die Marktanteilszahlen ab. Mit Ausnahme des Jänners verzeichneten die Diskonter heuer nur negative Monatsentwicklungen.

Markant unter Druck

Auch die übrigen Marktteilnehmer tun sich aktuell schwer gegen die beiden Großen. Markant verlor im ersten Halbjahr bei den Marktanteilen gleich 0,3 Prozentpunkte – immerhin ein Zehntel des gesamten Marktanteils. Aktuell hält Markant einen Marktanteil von 2,7 Prozent. Auch der restliche Lebensmittelhandel ließ nach. MPreis sowie mehrere kleinere Unternehmen büßten 0,1 Prozentpunkte ein und halten nun bei 3,8 Prozent.

Marktvolumen steigt auf Jahreshoch

Wie sehr das Thema der steigenden Preise die Branche dominiert, zeigt auch ein Blick auf das Wachstum. Das betrug im Juni nämlich laut NielsenIQ ganze 12,2 Prozent. Es ist der höchste Monatswert, der seit Jahresbeginn gemessen wurde. Übers Halbjahr gerechnet wuchs das Marktvolumen im österreichischen Lebensmittelhandel um 9,8 Prozent. 

Was wird man von der zweiten Jahreshälfte erwarten können? Der Blick in die Glaskugel ist immer riskant, eine Prognose erlaube ich mir aber trotzdem: Sowohl Spar als auch Rewe können optimistisch in die zweite Jahreshälfte blicken. Die Strategien beider Unternehmen haben dafür in der ersten Jahreshälfte eine ausgezeichnete Ausgangsposition geschaffen. Die Marktführerschaft von Spar ist freilich nicht in Gefahr. Es ist aber gut möglich, dass Rewe beim Wachstum den Branchenprimus noch das eine oder andere Mal wird ärgern können.