Als mir vor wenigen Tagen die NielsenIQ-Marktanteilszahlen aus der Branche zugespielt wurden, dachte ich zuerst, ich hätte mich verlesen. Aber nein, ich hatte mich nicht getäuscht. Im Vergleich zum Vorjahresmonat sackte der Spar-Marktanteil im Oktober 2024 von 37,4 Prozent auf 36,1 Prozent ab. Dieser massive Einbruch in der Höhe von 1,3 Prozentpunkten schickt aktuell Schockwellen durch die Branche. Noch nie hatte Spar im Jahresvergleich so stark verloren. Im Gegenteil: In den vergangenen Jahren hatten sich die Marktanteile der Tanne stetig nach oben entwickelt. Über die möglichen Gründe für den Absturz sprechen wir gleich, vorher noch kurz zur Performance des Mitbewerbs in diesem außergewöhnlichen Monat. Die großen Sieger im Oktober hießen Hofer und Lidl. Die beiden Diskonter, deren Zahlen von NielsenIQ bekanntlich im Doppelpack ausgewiesen werden, legten gleich um 1,4 Prozentpunkte zu und erreichten einen Oktober-Marktanteil von 24,3 Prozent. Auch der erste Spar-Verfolger Rewe gewann dazu, nämlich 0,2 Prozentpunkte und kam im 10. Monat des Jahres auf einen Marktanteil von 33,9 Prozent. Weiter düster sieht die Situation bei Markant aus, also im Prinzip bei Unimarkt und Nah & Frisch. Hier betrug das Minus im Einzelmonat 0,3 Prozentpunkte, was den Marktanteil im Oktober auf nur mehr 2,4 Prozent absacken ließ. Auch der restliche LEH, also im Prinzip MPreis, verlor, nämlich 0,1 Prozentpunkte. Der Marktanteil belief sich auf 3,3 Prozent.
Diskontstrategie geht auf
Kommen wir zu den Gründen für den Spar-Absturz. Gesicherte Erkenntnisse gibt es keine, wir müssen uns auf Vermutungen stützen. Aus gewöhnlich gut informierten Kreisen vernahm KEYaccount, dass Spar im Oktober ungewöhnlich wenig Promotions am Start hatte. Hinzu kommt, dass der Vergleichswert aus dem Vorjahresmonat mit 37,4 Prozent ungewöhnlich hoch gewesen war. Das bedeutet im Gegenzug, dass auch die Fallhöhe diesmal besonders tief war. Ein möglicher Backlash der Kundinnen und Kunden wegen des Lieferstopps der NÖM an Spar dürfte jedoch keine Rolle gespielt haben. Der Zwist zwischen dem Händler und dem Lieferanten erreichte die Öffentlichkeit erst Ende Oktober. Einer der Hauptgründe für den Spar-Rückgang dürfte ganz woanders zu finden sein, nämlich beim Mitbewerb. Bereits vor Monaten – KEYaccount berichtete – hatten sowohl Hofer als auch Lidl ihre Konzepte geändert. Beide Diskonter reduzierten die Fläche des schwächelnden Non-Food-Programms und bauten stattdessen das Frische-Sortiment aus. Bereits in den vergangenen Monaten hatten die Diskonter kontinuierlich aufgeholt. Im Oktober dürfte sich die Neuausrichtung des Sortiments bei den Marktanteilen voll niedergeschlagen haben.
Spannendes Finish
Dieser Oktober-Schock leitet nun den wohl spannendsten Handelsherbst seit vielen Jahren ein. Denn die große Frage wird sein: War das Spar-Minus ein einmaliger Ausreißer nach unten oder werden wir Zeuginnen und Zeugen einer langfristigen Trendwende? Beides ist möglich. Mit großer Spannung blickt die Branche nun der Jahresendrechnung bei den Marktanteilen entgegen. Diese wird von NielsenIQ traditionell Ende Jänner veröffentlicht. KEYaccount wird als einziges Fachmedium exklusiv davon berichten.
Spar nach zehn Monaten trotzdem im Plus
Wie hat sich das Oktober-Beben auf die akkumulierten Zahlen, also die Wertung von Jänner bis Oktober, ausgewirkt? Die Antwort lautet: weniger dramatisch, als vielleicht gedacht. Nach zehn Monaten liegt Spar bei einem Marktanteil von 36,9 Prozent. Das sind immer noch um 0,2 Prozentpunkte mehr als im selben Zeitraum des Vorjahres. Der erste Verfolger Rewe liegt hingegen um 0,2 Prozentpunkte hinter dem Vergleichswert von 2023. Nicht mehr wegzudiskutieren ist der Aufschwung von Hofer und Lidl, der sich inzwischen deutlich verfestigt hat. Die beiden Diskonter liegen bereits um 0,4 Prozentpunkte über dem Vergleichswert aus dem Vorjahr und halten nun einen Marktanteil von 23,4 Prozent. Jene Händler, die unter Markant ausgewiesen werden, verlieren weiter, nämlich 0,2 Prozentpunkte, und halten nur mehr einen Marktanteil von 2,5 Prozent. Der restliche LEH bleibt relativ stabil bei 3,6 Prozent.
Kommen wir noch einmal zurück zum Einzelmonat Oktober. Hier stach nicht nur das Spar-Minus, sondern auch das Wachstum des Gesamtmarktes ins Auge. Das Marktvolumen legte nämlich gleich um 8,6 Prozent zu. Im Unterschied zum Spar-Rückgang gibt es hierfür aber eine gute Erklärung. Der Oktober hatte heuer einen Verkaufstag mehr als der Oktober im Vorjahr. Das akkumulierte Marktwachstum nach zehn Monaten beträgt 4,6 Prozent.
Der November und der Dezember sind für den Lebensmittelhandel traditionell die beiden wichtigsten Geschäftsmonate des Jahres. Nach den Verwerfungen des Oktobers kommt dem Jahresfinish heuer eine besondere Bedeutung zu. Es wird sehr spannend werden – und KEYaccount bleibt dran.