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Hanspeter Madlberger (1942 – 2024)   © Simon Jappel

ZUM TOD VON HANSPETER MADLBERGER (1942 – 2024) 

Abschied von einer Legende

Ein Artikel von Wolfgang Zechner | 23.09.2024 - 14:12

Hanspeter Madlberger ist tot. Es war ein Schock, als mich die Nachricht Mitte August ereilte. Ich war gerade auf Urlaub in Dänemark, als mich Hanspeter Madlbergers Sohn
Peter Madlberger telefonisch vom Ableben seines Vaters informierte. Ich musste mich erstmal setzen. Viele Gedanken gingen mir durch den Kopf. Erinnerungen wurden freigesetzt und die Trauer griff mit fester Hand nach mir. Erst mit dem Abstand von mehreren Tagen konnte ich diesen Text niederschreiben. Was kann man über den Vater von KEYaccount und den Vater des modernen Handelsjournalismus schreiben, was nicht schon in den vergangenen Jahren und Jahrzehnten gesagt wurde? Ich versuche es mit einem persönlichen Zugang: Für mich war Hanspeter Madlberger in erster Linie ein Mann, der mir stets mit Rat und Tat zur Seite gestanden hat. Immer freundlich, immer bestens informiert, immer getragen von ausgesprochener Wertschätzung für sein Gegenüber – und immer in höchstem Maße professionell. Ein Vollblutjournalist eben, der wie kein Zweiter für den Lebensmittelhandel und die Markenartikelindustrie „brannte“. Dazu kam dieser ganz eigene Witz, der immer wieder aus seinen Augen und aus seinen Texten hervorblitzte. 

Vom Welthandel zum Handelsjournalismus

Hanspeter Madlberger erblickte am 2. Mai 1942 in Bad Ischl im Salzkammergut das Licht der Welt.  Schon als jungen Mann zog es ihn in die Bundeshauptstadt. An der Hochschule für Welthandel in Wien ließ er sich zum Diplomkaufmann ausbilden. Anschließend promovierte er. Der frischgebackene Doktor stieg daraufhin ins Berufsleben ein. Unter anderem werkte er für zwei Jahre als Verkaufsassistent bei Henkel Austria und fünf Jahre lang als Betriebswirt und Schulungsleiter beim A&O Zentralkontor in Wien. Doch seine große Leidenschaft war immer das Schreiben. Darum startete er seine journalistische Karriere beim damals noch jungen Fachmagazin Regal. Nach 17 Regal-Jahren setzte der damals 51-Jährige zu Beginn des Jahres 1993 alles auf eine Karte und gründete sein eigenes Magazin: KEYaccount. Es war ein riskanter Plan, der aber voll aufging. Schnell positionierte sich KEYaccount als echte Alternative zu den bestehenden Handelsmagazinen am Markt. Madlberger setzte auf ausgezeichnet recherchierte Hintergrundstorys, die hart, aber stets fair geschrieben waren. Das nagelneue Fachmagazin, das nun alle zwei Wochen erschien, erkämpfte sich schnell einen Fixplatz am Markt. Das Alleinstellungsmerkmal war: Wer wissen wollte, was in der Branche abseits von schönen Marketing-Botschaften und PR-Sprech wirklich abging, musste KEYaccount lesen. Was Madlberger nicht wollte, sagte er auch ganz klar: „Keine abgedruckten PR-Soßen, kein Personenkult, kein Gefälligkeitsjournalismus.“ Es war Fachjournalismus im besten Sinn und auf höchstem Niveau, den Hanspeter Madlberger seinen zahlreichen Abonnentinnen und Abonnenten nun 14-täglich servierte.

Auf der Suche nach der Wahrheit

„Der Doktor Madlberger“ machte sich in der Branche mit seiner unbestechlichen Art aber nicht nur Freunde. So manche Führungskraft aus Handel und Industrie ärgerte sich auch über den einen oder anderen kritischen Bericht im KEYaccount. Kein Wunder! Vor KEYaccount waren Fachzeitschriften oftmals Medien, die ihren Inserentinnen und Inserenten nicht wirklich ans Zeug flicken wollten. Hanspeter Madlberger hatte für diese allzu große Nähe wenig Verständnis. Was für ihn zählte, waren Informationen und Analysen, die man woanders nicht lesen würde. Es mag pathetisch klingen, aber was Hanspeter Madlberger interessierte, war die Wahrheit. Und ebendiese Wahrheit sei allen Abonnentinnen und Abonnenten von KEYaccount zumutbar. Davon war der Vollblutjournalist stets felsenfest überzeugt.

Hinzu kam, dass Madlberger nicht nur ein großer Kenner der Szene war, sondern obendrein über beachtliche schreiberische Fähigkeiten verfügte. Er formulierte genauso kenntnisreich wie pointiert – und er bereitete selbst die komplexesten wirtschaftlichen Zusammenhänge so auf, dass man den dazugehörigen Text stets mit einem erheblichen Kenntnisgewinn und einer gehörigen Portion Genuss lesen konnte. Wenn es um Supermärkte und Markenartikel ging, war Hanspeter Madlberger Experte und Edelfeder zugleich.

2011 verkaufte er KEYaccount an den Österreichischen Agrarverlag. Oliver Krainz, der damalige Leiter der Genuss-Gruppe im Agrarverlag, kam mit Madlberger beim Rückflug von der Kölner Fachmesse Anuga ins Gespräch und fädelte den Deal ein. Winfried Eberl und Rainer Eder, die damaligen Geschäftsführer des Agrarverlags einigten sich mit Hanspeter Madlberger und holten KEYaccount am 1. August 2011 unter das Verlagsdach, wo es seither erscheint. Seit 2014 leite ich als Chefredakteur die inhaltlichen Geschicke des Magazins. Stets ist mir Hanspeter Madlbergers Pionierleistung dabei Auftrag und Messlatte zugleich.

Den Dingen auf den Grund gehen

Fast bis zum Schluss besuchte Hanspeter Madlberger Presseveranstaltungen. Dabei ließ er nie locker, blieb hartnäckig, stellte Fragen, versuchte, den Dingen auf den Grund zu gehen und publizierte seine Erkenntnisse in diversen Online- und Offline-Medien. Bis zum Schluss war Hanspeter Madlberger ein Vorbild für jüngere Kolleginnen und Kollegen. Bei unserem letzten persönlichen Zusammentreffen am ECR-Tag 2023 in der Wiener Messe merkte man ihm seine Krankheit bereits an. Trotzdem war er da – umgeben von Managerinnen und Managern, die teilweise noch gar nicht geboren waren, als er schon über ihre Branche schrieb. In der Pause zwischen den Fachvorträgen stand ich mit dem Doyen des österreichischen Handelsjournalismus am Buffet. Wir plauderten über private Dinge, aber auch über die Branche. Dabei sagte er mir einen Satz, der hängen geblieben ist: „Das Wichtigste an unserem Job ist, dass wir uns für die Menschen, die Unternehmen und die Produkte interessieren.“

Am 8. August schloss Hanspeter Madl-berger im Alter von 82 Jahren für immer seine Augen. Während ich diese Zeilen schreibe, sind meine Gedanken bei den Hinterbliebenen, denen ich auf diese Weise mein tiefstes Mitgefühl aussprechen möchte. Hanspeter Madlberger hinterlässt eine Lücke, die niemand je wird schließen können. Sowohl menschlich als auch fachlich. Danke für alles, Hanspeter.  Ich werde Dich nie vergessen!