Es ist rund zwei Jahre her, da investierte die Privatbrauerei Egger aus dem niederösterreichischen St. Pölten-Unterradlberg massiv in ein neues Verpackungsdesign. Damals erstrahlten die Flaschen und Etiketten der niederösterreichischen Brauerei mit den Tiroler Wurzeln in neuem Glanz. Freilich: Zwei Jahre sind eine lange Zeit – und 2019 fühlt sich subjektiv an, als wäre es viel länger her. Denn inzwischen gab es bekanntlich eine globale Pandemie, die nicht nur die Branche, sondern auch das Kaufverhalten der Konsumentinnen und Konsumenten nachhaltig verändert hat. Aber auch abseits der Pandemie hat sich bei Egger in den vergangenen zwei Jahren viel getan. Der langjährige Unternehmenschef Bernhard Prosser verließ kurz nach dem Design-Relaunch das Unternehmen und wurde Berater bei Anheuser- Busch InBev, dem weltgrößten Bier-Konzern. Wenige Wochen vor Ausbruch der Corona-Pandemie übernahm dann der gebürtige Niederländer Frank van der Heijden im Februar 2020 die Egger- Geschäftsführung und bildet seither gemeinsam mit Martin Forster die Doppelspitze in der Leitung des traditionsreichen Familienunternehmens.
Geringer Gastro-Anteil als Corona-Vorteil
Nun hat die Corona-Krise die Bierbrauer härter getroffen als viele andere Lebensmittelproduzenten. Der Grund liegt auf der Hand: Bier als Produkt ist ein klassisches Gastro-Produkt. Dort ist der Verkauf auch viel lukrativer als etwa im Lebensmittelhandel, wo zwar das Volumen hoch, dafür aber die Spanne vergleichsweise niedrig ist. Historisch zählt Egger zu jenen Biermarken, die im Lebensmittelhandel national vertreten sind, in der heimischen Gastronomie sich aber auf die Bundesländer Wien, Niederösterreich und Tirol konzentrieren. „Wir haben einen recht kleinen Gastro-Anteil, der bei unter fünf Prozent liegt“, sagt Verkaufsleiter Sebastian Stieger. „Wir hatten nicht ganz den Druck, den manche Mitbewerber hatten, die auf einen Gastro-Anteil von 50 Prozent kommen. Es ist uns gelungen, die fehlenden Gastronomie-Umsätze im LEH zu kompensieren.“ Unterm Strich sind wir so relativ gut durch das vergangene Kalenderjahr gekommen“, so Stieger weiter. Unternehmenschef van der Heijden ergänzt: „Bezogen aufs Bier stimmt das zu hundert Prozent. Wenn wir aber die Lupe weiterziehen und alle unsere Produkte ansehen, die wir produzieren, dann haben wir im Vorjahr ganz schön hart arbeiten müssen.“ Will heißen: Gerade das Exportgeschäft mit alkoholfreien Getränken war von Corona naturgemäß stark beeinträchtigt. Oder wie es van der Heijden formuliert: „Corona gab’s nicht nur in Österreich.“ Der niedrige Gastronomieanteil war für Egger zwar ein Fall von „Glück im Unglück“, dennoch will das Unternehmen seine Präsenz in den heimischen Bars und Restaurants in den kommenden Jahren ausbauen. „Die Gastronomie bietet durchaus Chancen“, so van der Heijden weiter, „weil ich die Konsumentinnen und Konsumenten dort mit meiner Marke abholen kann.“ Um jeden Preis will van der Heijden den Gastroanteil aber auch wieder nicht ausbauen: „Die Kundschaft in der Gastronomie muss auch zur Marke passen. Uns ist wichtig, dass die Konsumentinnen und Konsumenten mit unseren Produkten genau das Erlebnis haben, das wir uns vorstellen.“
Gegen den Strom
Wie dieses Erlebnis aussehen soll, zeigt die neue Kampagne, die von der Wiener Agentur Ortner & Weihs umgesetzt wurde, die seit vielen Jahren mit Egger zusammenarbeitet. Ziel der Kampagne ist es, die Außenwahrnehmung der Marke Egger zu schärfen. „Wir brauen Biere für viele – aber nicht für alle“, betont van der Heijden, der sich geschickt als kleiner Herausforderer der großen Bierkonzerne positioniert. „Wir waren und bleiben rebellisch im besten Sinne“, sagt er und glaubt, dass Egger „gegen den Strom schwimmt“. Und genau auf diesem Selbstverständnis fußt die neue Kampagne: „Unsere neue Egger Bier-Markenkampagne ist mehr als Werbung – sie ist ein Statement.“ Konkret steht die neue Werbelinie unter dem Motto „Mit Egger und Kanten“. Als Leitmotiv dient der Hashtag #braudich, mit dem zwei sehr unterschiedliche Themen, nämlich Bier und Empowerment, geschickt verknüpft werden. Der TVSpot besticht dabei durch eine dynamische Schwarz-Weiß-Ästhetik, die Laiendarsteller zeigt, die sich etwas trauen beziehungsweise brauen. Interessantes Detail: Der Begriff „Privatbrauerei“ wird ganz gezielt eingesetzt, um eine Verbindung zur Herkunftsregion und Österreich herzustellen und um sich vom größeren, zumeist börsennotierten Mitbewerb abzuheben. Brand Manager Katrin Afflenzer betont, wie lange man an der Kampagne gearbeitet hat: „Wir haben bereits vergangenen Sommer damit begonnen, uns zu überlegen, wer wir als Marke sind und wie wir auftreten wollen.“ Die Marktforschung, so Afflenzer weiter, hätte dann ergeben, dass die Konsumentinnen und Konsumenten die Marke Egger Bier nicht genau einordnen können. Und das galt es zu ändern. „Wir haben uns dann mit der Geschichte des Unternehmens beschäftigt und herausgearbeitet, wofür wir stehen, so Afflenzer weiter. Das Ergebnis ist seit der zweiten Juli-Hälfte im TV zu bewundern. Ob der betont nonkonformistische Zugang auch Früchte tragen wird, wird sich weisen. „Wir wollen mit der neuen Werbelinie sowohl bestehende Kunden als auch neue ansprechen und für uns gewinnen“, so Frank van der Heijden.
Harter Wettbewerb im LEH
Apropos Marktführer: KEYaccount wollte vom Egger-Management noch wissen, wie hart der Verdrängungswettbewerb im LEH für einen vergleichsweise kleineren Marktteilnehmer wirklich ist. Verkaufsund Marketingleiter Stieger versucht das Dilemma auf den Punkt zu bringen: „Die Warengruppe Bier ist sehr preiselastisch, ähnlich wie zum Beispiel Waschmittel. Gerade in den vergangenen eineinhalb Jahren haben wir gesehen, dass diese Preiselastizität zugenommen hat. Jeder Marktteilnehmer muss selbst entscheiden, ob und wie man darauf reagiert.“ Und van der Heijden ergänzt: „Positiv ist, dass der Bierkonsum in Europa stabil ist. Das gilt auch für Österreich. Wenn das Volumen eines Marktteilnehmers wächst, dann zumeist auf Kosten eines anderen Marktteilnehmers.“ Diese Ausgangslage erfüllt den Egger-Chef aber auch mit Optimismus für die Zukunft: „Da sind wir in einer Position, in der wir viel gewinnen können – und es bringt die Großen sicher nicht um, wenn wir unser Volumen verdoppeln.“