SCHWERPUNKT BROT UND BACKWAREN    

Lang lebe die Golatsche!

Ein Artikel von Johannes Lau | 26.06.2024 - 15:00
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Auch bei Backwaren geben sich Frau und Herr Österreicher traditionsbewusst – vor allem in der Hauptstadt – berichtet Tina Schrettner, Marketingleiterin von Ankerbrot: „Gerade in Wien liebt man es traditionell, wenn es um Brot und Gebäck geht. Da stehen eine resche Kaisersemmel, ein flaumiges Briochekipferl oder der ganz klassische G´staubte Wecken ganz oben auf der Hitliste der beliebtesten Produkte.“ Eine andere Tradition geht dagegen zu Ende: Nach 130 Jahren wird ab 2024 nicht mehr in Wien-Favoriten gebacken, sondern im niederösterreichischen Lichtenwörth: „Ein Großprojekt in jedem Aspekt. Jedes einzelne Produkt wurde im Zuge dieses Transfers ,neu entwickelt‘ und auf moderne Herstellungsprozesse hin adaptiert.“ Die Energieeinsparung liege im Vergleich zu den alten Öfen bei rund 50 Prozent. Und auch die Verwaltung ist umgezogen – in den 3. Wiener Gemeindebezirk.

Platz für Baristas

„Das Besondere am neuen Office-Standort: Auf der Hälfte der Fläche befindet sich ein neues, modernes Ausbildungszentrum für die Anker-Filial-Mitarbeiterinnen und -Mitarbeiter, mit Trainingsfiliale, Kassaschulungsraum und genügend Platz für beispielsweise die laufenden Barista-Ausbildungen.“ Man muss eben mit der Zeit gehen, sonst geht man mit der Zeit. So versteift sich Ankerbrot auch im Sortiment nicht auf die bereits genannten Traditionsprodukte, sondern überlegt sich was Neues. Schrettner: „Wir führen bereits seit längerer Zeit vegane Produkte in unseren Filialen und wir sehen, dass die entsprechende Nachfrage stetig steigt.“ Besonders erfolgreich sei davon der neue NEOH Donut mit Haselnusscreme – eine Kooperation mit dem gleichnamigen Zuckerersatz-Start-up aus Wien-Alsergrund. Und auch bei Anker zelebriert man die Fußballeuropameisterschaft mit und veranstaltet ein eigenes Gebäckturnier: Fünf neue Sandwichsorten von Weckerl über Croissant bis zur Focaccia rittern um ihren Platz im Standardsortiment. Nur das beliebteste Produkt werden die Konsumenten nach dem Turnier noch in den Anker-Filialen sehen. Es kann nur einen geben.

Schwere Zeit als Chance

Ähnlich launig ist die Stimmung beim Nachbarn aus Wien-Liesing, bei Der Mann, wo man auf die Frage nach dem Traditionsbestseller wiederum die Topfengolatsche nennt. Geschäftsführer Michael Mann: „Für das Jahr 2024 erwarten wir, dass die positive Stimmung, die wir aktuell erleben, nicht nur anhält, sondern sich noch weiter verstärkt. Unsere Kundinnen und Kunden zeigen uns täglich, wie sehr sie unsere Produkte und unseren Service schätzen. Dies motiviert uns enorm und lässt uns zuversichtlich in die Zukunft blicken.“ Aber die gute Stimmung täuscht nicht darüber hinweg, dass die Zeiten weiterhin nicht einfach sind. Mann lässt sich davon nicht unterkriegen: „Die anhaltende Krise hat uns vor viele Herausforderungen gestellt, doch wir haben diese Zeit auch als Chance genutzt. Wir haben unsere logistischen Abläufe optimiert, unser Sortiment überarbeitet und mehr Struktur an den Arbeitsplätzen geschaffen. Jede Krise birgt immer auch Möglichkeiten zur Verbesserung und wir sind stolz darauf, wie wir diese Chancen ergriffen haben.“ Was aber nach wie vor zu schaffen macht, sind der Personalmangel und die Teuerung. Die allgemeine Teuerung sei natürlich auch in der eigenen Produktion zu spüren. „Aber in der über 160-jährigen Firmengeschichte wurden wir immer wieder mit verschiedenen Herausforderungen konfrontiert und haben diese jedes einzelne Mal gemeistert.“

Noch mehr zu kämpfen habe man aber mit dem fehlenden Personal: „Wie die meisten Branchen spüren auch wir den Fachkräftemangel zunehmend. Gute Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter zu finden und langfristig im Unternehmen zu halten, ist eine Herausforderung, mit der wir uns konfrontiert sehen, der wir aber auch durch attraktive Ausbildungskonditionen entgegenwirken.“ Umso erfreulicher für Mann, dass die Kunden einem weiter das Salzstangerl halten und man neue Käufer gewinnt: „Vegetarisch und vegan sind schon lange keine bloßen Trends mehr. Wir spüren das besonders bei der Nachfrage nach unseren Snack-Produkten. Die hohe Nachfrage freut uns natürlich und wir arbeiten stets an neuen Kreationen, um unser Sortiment zu erweitern.“

Vorfreude auf neue Produkte

Auf der anderen Seite des Landes, im Ländle, ein ähnliches Bild: Paul Steyrer, Geschäftsführer von Ölz, ist sichtlich zufrieden, da sein Unternehmen seinen erfolgreichen Weg auch 2023 fortsetzen konnte. „Trotz herausfordernder Rahmenbedingungen, wie notwendige Preiserhöhungen aufgrund der gestiegenen Kosten für Energie und Rohstoffe sowie stark gestiegener Lohnnebenkosten, konnte Ölz eine Umsatzsteigerung von rund elf Prozent verzeichnen.“ Der Umsatz belief sich auf 267 Millionen Euro. Die starke Marktposition konnte im Inland und Ausland gehalten werden. Jenseits der Landesgrenze wuchs Ölz um 9,4 Prozent – der Exportanteil lag bei rund 42 Prozent. Auch deshalb wurde der Mitarbeiterstand um 1,9 Prozent erweitert – aktuell werden rund 1.060 Personen beschäftigt. Die eigene Bilanz wächst also, aber auch die Ansprüche der Konsumentinnen und Konsumenten steigen weiter: „Die Themen Qualität und Nachhaltigkeit sind den Ölz-Konsumenten wichtig. Die Marke Ölz richtet ihr Tun am nachhaltigen und ressourcenschonenden Umgang mit der Umwelt aus.“ Etwa backe Ölz seit 2022 als erste europäische Backwarenmarke nur mit Eiern aus kontrollierter Freilandhaltung. Zudem setze man in Dornbirn auf 100 Prozent Fairtrade-zertifizierten Kakao und beziehe zu 100 Prozent Ökostrom. Daran wolle man heuer anknüpfen: „Mit Blick auf das Jahr 2024 steht Ölz für Innovationskraft. Als Familienunternehmen sind für Ölz die Konsumentinnen und Konsumenten im Fokus sowie eine nachhaltige, langfristige Entwicklung der Marke mit starken Innovationen in der Zukunft. Der Handel und die Konsumenten dürfen sich auf viele neue Produkte freuen.“

Ein grünes Herz

So verzichten immer mehr Menschen auf tierische Zutaten und Inhaltsstoffe und setzen bewusst auf vegane, pflanzliche Lebensmittel. Das bedient man etwa mit den „Ölz Frühstücks Brötle 100% pflanzlich“: „Sie sind eine gute Ergänzung in unserem Backwarensortiment und bieten allen Veganerinnen und Veganern eine Variante unseres beliebten Frühstücks-Klassikers und tragen dazu bei, ,Von Herzen nachhaltig‘ Richtung Zukunft zu blicken.“ Hinzu komme neues Weiß- und Mischbrot im Bereich Selbstbedienungsschnittbrot. „Dafür wurde der Trend zur ballaststoffreichen Ernährung am Markt aufgegriffen und die Bedürfnisse der Konsumentinnen und Konsumenten in den Fokus gestellt. Beide Brote sind mit Sauerteig gebacken und dadurch besonders frisch sowie fein im Geschmack. Zudem liefert das Weißbrot einen hohen Ballaststoffgehalt – das Mischbrot mit Sonnenblumenkernen bestreut ist eine gute Ballaststoffquelle.“ Das genannte Motto „Von Herzen nachhaltig“ ist auch der Titel einer von Ölz gestarteten Initiative. „Wir glauben fest daran, dass jeder Schritt, den wir in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft gehen, von Bedeutung ist. Um unser Engagement und unsere Werte transparent zu kommunizieren, haben wir ,Von Herzen nachhaltig‘ ins Leben gerufen. Ganz nach dem Motto ,Von Herzen nachhaltig‘ in Produktion und Verzehr. Und auch in der Entsorgung der Verpackungsmaterialien.“ Wo das Logo der Initiative – ein grünes Herz – zu sehen ist, verweist es auf Nachhaltigkeit in Verbindung mit dem Produkt. Ein direkter Hinweis hebt die nachhaltigen Alleinstellungsmerkmale des Produkts hervor, ein QR-Code in der Rüsche informiert zudem über alle Aktivitäten rund um „Von Herzen nachhaltig“. Etwa setze Ölz so wenig Verpackungsmaterial wie möglich ein: „Über das komplette Ölz-Sortiment hinweg werden Folienstärken sowie Folienmaße geprüft und auf das Notwendige reduziert.“ Zudem zelebriere man die Kreislaufwirtschaft, sagt Steyrer: „Eine nachhaltige Kreislaufwirtschaft hat positive Auswirkungen auf den Klimaschutz. Ziel ist es, eingesetzte Verpackungen in den Kreislauf zurückzuführen und wiederzuverwenden.“ Zudem werden die Öfen der beiden Ölz-Bäckereien zu 100 Prozent mit Vorarlberger Grünstrom betrieben – zum Großteil aus Wasserkraft.

Das Nachhaltigkeitsprojekt der Wärmerückgewinnung von Ölz beinhalte zudem die Installation von vier Glattrohrwärmetauschern mit einer Leistung von jeweils 30 Kilowatt in den Kaminen der Backöfen der Toast- und Sandwichlinien. Die rückgewonnene Wärme werde an das bestehende Wärmeverbundnetz des Unternehmens angeschlossen und somit doppelt genutzt – einerseits zum Backen, andererseits als Energiequelle. „Mit dem Ökostrom hat sich Ölz für eine Energie entschieden, die heimisch und nachhaltig erzeugt wird, als aktiver Beitrag zur Energiewende und zum Klimaschutz. Dennoch habe man auch die Verwerfungen auf dem Energiemarkt gespürt und die Lage bleibt vorerst angespannt: „Die Erhöhungen der Energiepreise sind und waren für uns kostenseitig belastend. Auch wenn auf dem Spotmarkt die Preise wieder sinken, ist aufgrund von Kontrakten im Energiebereich im Jahr 2024 in Summe keine Kostensenkung für uns wirksam.“ Trotz guter Entwicklung hat die Brotbranche also weiter zu knabbern.